Viele Besucher auf dem Neuwerker Leuchtturm rieben sich im Jahr 1989 die Augen und fragten sich, was Bagger und lange Rohre im Watt vor Scharhörn zu suchen hatten. Das Erstaunen wurde noch größer, als sie hörten, dass dort eine Insel – nur für Vögel – entstehen würde – das jüngste Eiland des Wattenmeeres – ausschließlich zu Zwecken des Naturschutzes. In nur fünf Wochen spülte ein Saugbagger 1,2 Millionen Tonnen Sand aus einem Priel durch eine Rohrleitung auf die Sandbank südwestlich der Düneninsel Scharhörn. Auf diesem hoch gelegenen und daher strömungsarmen Bereich sollte Nigehörn die bedrohten Brutplätze auf der Nachbarinsel ergänzen bzw. notfalls ersetzen. Durch die Aufspülung wurden langfristig die Brut- und Rastplätze der Seevogelwelt in der Elbmündung gesichert.
Die natürliche Dünenbildung wurde durch das Ausbringen von Zäunen aus trockenem Buschwerk und Anpflanzungen von Dünengräsern, die den Flugsand einfangen, unterstützt.
Seit der Aufspülung bleibt Nigehörn der ungestörten Entwicklung überlassen. Um dies zu gewährleisten, gilt striktes Betretungsverbot. Nur der Scharhörner Vogelwart und ein Beauftragter der Nationalpark-Verwaltung sammeln im Rahmen eines seit dem Jahr 2000 bestehenden Umweltbeobachtungsprogramms in regelmäßigen Abständen Daten zur Vogelwelt und Lebensraumentwicklung; außerdem findet regelmäßig ein Spülsaummonitoring nach angespülten toten Vögeln statt, wobei das Augenmerk vor allem auf Öl- oder Müllopfern liegt.
Diese künstlich erschaffene Insel, welche inzwischen eine Größe von 58,75 ha erreicht hat, wird von Brut- und Rastvögeln sehr gut angenommen. Gäste, die von Neuwerk aus den Vogelwart auf Scharhörn besuchen, werden über die Geschichte und Eigenarten der Insel, aktuelle Probleme und Erkenntnisse im naturkundlichen Bereich und über seine ungewöhnlichen Tätigkeiten auf der Platte informiert.
Bundesland: | Hamburg |
Stadtteil: |
Mitte |
Größe: |
ca. 50 ha |
Schutzgebiet seit: | 1990 |
Schutzstatus: |
Nationalpark, Naturschutzgebiet,
UNESCO-Weltnaturerbe, FFH-Gebiet,
Schutzgebiet nach der Vogelschutzrichtlinie
und dem Übereinkommen über Feuchtgebiete |
betreut seit: | 1989 |
Das Betreten der Insel ist nicht gestattet! |
Ansprechpartner: |
Carolin Rothfuß |
Adresse: |
Nationalpark-Haus Neuwerk 27499 Neuwerk |
Telefon: |
04721 - 39 53 49 |
E-Mail: |
Ihr möchtet mehr über unser Schutzgebiet erfahren? Hier findet Ihr weitere Informationen und Bilder:
Mit der interaktiven Karte können Sie sich die seit 1991 auf Nigehörn kartografierten Brutvögel anzeigen lassen.
© Laura Linhart
Die Geschichte Nigehörns ist sehr eng mit der Scharhörns verknüpft. Ohne die zeitweise dramatische Dynamik Scharhörns und dem Bewusstsein um die Bedeutung der Insel für die Vogelwelt, wäre Nigehörn sicher nicht aus dem Wattenmeer „gezaubert“ worden. Die konkreten Pläne für die Errichtung der Insel gehen bereits auf die Vorbereitungen des Tiefseewasserhafens Scharhörns in den sechziger und siebziger Jahren zurück. Schon damals waren diese Planungsskizzen als Ersatzmaßnahmen für Brut- und Rastplätze der Seevögel vorgesehen. In den achtziger Jahren wurden Befürchtungen laut, dass Scharhörn einer größeren Sturmflut nicht standhalten würde und die bedeutenden Brutgebiete, insbesondere die der Seeschwalben, verloren gehen könnten. So kamen die zurückgelegten Pläne wieder auf den Tisch. Es wurde der Versuch unternommen, eine möglichst naturnahe Insel zu gestalten, die sich der Dynamik der Naturkräfte folgend ohne Einfluss von außen entwickeln könnte. Nach gemeinsamer Anstrengungen des Verein Jordsand und der Umweltbehörde Hamburg wurde aus der Idee ein Naturschutzgroßprojekt im Rahmen des Programms zur Förderung dieser von gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung. Ziel der Baumaßnahmen war neben der Aufspülung der Düneninsel nur eine so genannte Biotop lenkende Maßnahme mit Sandfangzäunen und Ansaat von Sand bindenen Pflanzen. Danach sollte die Insel der natürlichen Sukzession übergeben werden. Nach dem Vorbild Scharhörns wurden im Juli bis August 1989 1,2 Millionen Tonnen Sand mit Radladern modelliert – eine kreisrunde Sandinsel mit ca.450m Durchmesser. Sandfangzäune wurden zur Verhinderung starker Erosionen über die ganze Insel verteilt. Zwei Jahre später wurden die Baumaßnahmen mit der Aufspülung auf der nordwestlichen Scharhörnplate und dem Bau einer Beobachtungsplattform fertig gestellt. Schon seit 1989, zeitgleich mit der „Fertigstellung“ Nigehörns, liegt der Betreuungsauftrag für die Insel in den Händen des Verein Jordsand. Dieser stellte einen Vogelwart an, dem schon damals die wichtige Aufgabe unterlag, die brütenden Vögel vor Unruhen und Eierdieben zu schützen. Er dokumentierte alle besonderen Vorkommnisse, insbesondere Störungen und Bruterfolge der brütenden Arten. Seit 1990 ist die Insel Teil des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer und in die streng geschützte Zone I einbezogen. Der Nationalpark ist durch die UNESCO unter der Ramsar-Konvention und seit 1992 als Biosphärenreservat anerkannt. Auch ist der Nationalpark als europäisches Schutzgebiet gemäß EG-Vogelschutzrichtlinie und gemäß Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 1998 an die EU gemeldet worden.