von Lennart Friedritz
Nun sind es nur noch wenige Monate, bis zum Ende meines Bundesfreiwilligendienstes beim Verein Jordsand e. V. in der Biologischen Station „Walter Banzhaf“ auf derGreifswalder Oie. Das erste Mal betreten, habe ich die nur 1,5 km lange Ostseeinsel bereits im letzten März. Ich hatte damals eine arg romantisierte Vorstellung vom zeitlosen Inselleben. Schnell wurde mir jedoch klar, dass es zumindest in den insgesamt sechsmonatigen Zeiträumen, in denen die wissenschaftliche Vogelberingung stattfindet, so etwas wie „zeitlos“ nicht geben kann. Zu jeder vollen Stunde und auf die Minute genau, von Morgendämmerung bis zur vollständigen Dunkelheit gehen dann kleine Gruppen aus Stationsmitgliedern und ehrenamtlichen Helfer*innen durch den Fanggarten um die Vögel aus den feinmaschigen Nylon-Netzen zu holen. Jeder Vogel bekommt anschließend einen Ring mit individueller Kennziffer und wird auf wichtige physiognomische Merkmale untersucht. Die so gesammelten Daten gehen übrigens an die Beringungszentrale Hiddensee und stehen dort für Auswertungen hinsichtlich der Langzeittrends im Reproduktionserfolg und der klimabedingten Anpassung im Zugverhalten der aus Skandinavien und dem Baltikum stammenden Vögel bereit. Vor Ort ist jeder Vogel dennoch erst mal ein Einzelindividuum, dass mit großer Vorsicht behandelt werden muss und dessen ungewohnte Nähe, nämlich in der Hand, immer wieder das Herz höher schlagen lässt. Mit der Zeit bemerkt man aber zusätzlich wie das Auftreten der einzelnen Vogelarten zeitlich getaktet ist und lernt die Gründe hierfür.
Aber auch abseits vom Arbeitsalltag und den Vögeln ist die Greifswalder Oie alles andere als zeitlos. So sieht man jede Menge Spuren der vergangenen menschlichen Nutzung und erklärt diese als Bundesfreiwilligendienstler auch den touristischen Besucher*innen. Als besonders intensiv empfand ich außerdem den Wechsel der Jahreszeiten und den hiermit verbundenen Wandel in Witterung und Natur. So kamen und gingen die Kegelrobben, der Bärlauch blühte und verging, die Brutvögel brachten ihre Jungen zur Welt, die Schafe wurden geschoren und ließen sich neue Wolle wachsen, die Ostküste brach nach größeren Stürmen an einigen Stellen ab und sogar der schützende Steinwall schien sich sehr langsam aber merklich zu verändern. Mit den Wochen und Monaten wechseln aber natürlich auch die Stationshelfer*innen. Man lernt also auf recht kleinem Raum mit anderen, zunächst fremden Menschen umzugehen und auf sie zuzugehen. Am Ende bleiben viele schöne Stunden und Abende, an die ich mich gerne zurück erinnern werde und eins ist klar; früher oder später komme ich mit den Zugvögeln zurück auf die Greifswalder Oie.
Falls auch ihr Lust habt auf ein Jahr abseits des Alltagstrott, das geprägt ist von der Nähe und dem Arbeiten in und mit der Natur, dann bewerbt euch doch auf einen Bundesfreiwilligendienst oder Freiwilliges Ökologische Jahr auf der Greifswalder Oie oder in einem der anderen Schutzgebiete des Vereins Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V.