Das Kitesurfen ist seit einigen Jahren zu einem Trendsport geworden. Auf vielen Gewässern in der Nord- und Ostsee lassen sich die Sportler:innen vom Wind über das Wasser ziehen. Dabei stehen sie auf einem Board, ähnlich einem Skateboard, und werden von einem Lenkdrachen über die Wasseroberfläche gezogen. Fortgeschrittenere Kiter:innen können auch Sprünge und andere Tricks vollführen.
Was an belebten, öffentlichen Stränden als eine Touristenattraktion gilt und allein beim Zuschauen Spaß machen kann, ist in der Nähe von Naturschutzgebieten und Nationalparks eine mit Sorge betrachtete Sportart. Insbesondere in der Brutsaison zwischen März und Mitte Juli können viele Vögel gestört werden und verlassen womöglich ihre Nester. Das kann auch passieren, wenn die Vögel nicht in der Näher der Kiter:innen sichtbar sind, weil sie eine sehr große Fluchtdistanz haben. Bei Trauerenten liegt diese zum Beispiel bei 800 bis 1000 Metern. Durch den Drachen am Himmel entsteht zudem eine hohe Scheuchwirkung. Kiter:innen merken bei hohem Tempo – der Weltrekord liegt bei über 100 km/h – und großer Distanz oftmals gar nicht, dass sie Rastvögel aufscheuchen und diese flüchten.
Doch es gibt gute Neuigkeiten für die Rastvögel unserer Schutzgebiete! Seit dem 28. April ist die überarbeitete Nordsee-Befahrensverordnung in Kraft getreten. Da das Wattenmeer bei Flut nicht unter das Nationalparkrecht fällt, gab es bis vor Kurzem kaum Maßnahmen gegen Kiter:innen. Es war lediglich möglich darauf hinzuweisen, dass viele Vögel nicht in Ruhe rasten und brüten können, wenn in den Gewässern gekitet wird. Kitesurfen ist eine junge Sportart, sodass sie in den einschlägigen Normen noch nicht aufgetaucht ist. Mit der Erneuerung wurde dies allerdings geändert, sodass in §6 Abs. 2 S. 1 der Nordsee-Befahrensverordnung nun festgelegt wurde, dass „Bundeswasserstraßen im Geltungsbereich dieser Verordnung mit Wasserfahrzeugen, die von einem Drachen oder Flügel gezogen werden, insbesondere Kitesurfen, Wingsurfen […]“ untersagt sind.
Insbesondere in unserem Schutzgebiet auf der Insel Neuwerk ist diese Novellierung ein Fortschritt. Zwar gibt es dort keine Kitesurf-Infrastruktur, beispielsweise Verleihgeschäfte oder Kiteschulen, aber gekitet wurde dort gelegentlich trotzdem. Dies ist in dem Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer nun gänzlich untersagt, sodass bei Zuwiderhandlungen Beweisfotos angefertigt und an den Ranger weitergegeben werden dürfen. Darauf kann eine Verwarnung oder ein Ordnungswidrigkeitsverfahren folgen.
Da vermutlich Eiderenten am ehesten von Kiter:innen auf Neuwerk betroffen wären, ist die neue Regelung für sie und alle anderen Seevögel in den Nationalparks Wattenmeer ein Grund zur Freude.
Das Gemeinsame Wattenmeersekretariat macht auf humoristische Weise in diesem Video auf das Problem aufmerksam.