Ein Bericht von Sabrina Auerbach (BFD im Haus der Natur)
Ziemlich spontan bekam ich Mitte September die Möglichkeit auf der Fährinsel, eines der Schutzgebiete des Verein Jordsand, die Betreuung zu übernehmen. Ein Kollege musste Krankheitsbedingt einige Wochen aussetzen und so war schneller Ersatz gefragt. Da für einen späteren Zeitpunkt ein Aufenthalt meinerseits geplant war und ich mir dachte, dass ein kleiner Vorgeschmack nicht schlecht wäre, nahm ich das Angebot an.
Zwei Tage später saß ich auch schon auf der Fähre, welche mich auf die Ostseeinsel Hiddensee brachte. Vor Ort wurde ich von dem dortigen Hauptgebietsbetreuer abgeholt und konnte so schon einiges über besagtes Schutzgebiet und meinen Aufgaben-bereich erfahren. Untergebracht waren wir in der biologischen Station Greifswald im überschaubaren Ortsteil „Kloster“.
Hiddensee liegt unweit von Stralsund, gehört zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und ist somit anteilig des
drittgrößten Nationalparks Deutschlands. Die Insel Hiddensee ist seit Dezember 1992 als Europäisches Vogelschutzgebiet gemäß der EG-Vogelschutzrichtlinie gemeldet und ein bedeutendes Brut- und Überwinterungsgebiet vieler Vogelarten, von denen auch einige in der Roten Liste als gefährdet verzeichnet sind.
Die Fährinsel selbst, getrennt durch einen 120 Meter breiten
Wasserweg, liegt östlich vor Hiddensee. Die Insel ist 1,23 km lang und bis zu 580 Meter breit. Ihre Fläche beträgt ca. 40 ha. Früher war die Fährinsel noch bewohnt, mittlerweile sind alle menschlichen Spuren soweit abgetragen.
Die Vegetation auf der Fährinsel besteht aus einer vielfältigen
Strandwalllandschaft mit Salzwiesen, Trockenrasen, Brackwasserröhrichten, vermoorten Senken und Windwatten. Auf Grund ihrer Naturraumausstattung hat die Fährinsel eine besondere Bedeutung. Deshalb wurde sie bereits 1910 zum
Vogelschutzgebiet erklärt und 1943 staatlich anerkannt. Seit 1990 gehört die Fährinsel zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und gehört zur Zone II, der Pflege und Entwicklungszone. Sie darf nur mit Genehmigung des Nationalparkamtes für Forschungs- und Pflegemaßnahmen betreten werden. Primeres Schutzziel auf der Fährinsel ist der Erhalt und die Verbesserung der Erhaltungszustände der vorkommenden Lebensraumtypen.
Seit 2014 betreut der Verein Jordsand e. V. die Insel und beweidet sie ganzjährig mit einer Herde von 32 Pommerschen Landschafen. Die Tiere begrenzen die Ausbreitung des Wacholders und sorgen so dafür, dass das Salzgrasland erhalten bleibt und sich ehemalige Heidestrukturen wieder erholen und ausweiten können und neue Lebensräume für Vogelarten entstehen können. Täglich wird ein Kontrollgang über die Insel gemacht, um nach den Tieren zu schauen, was für 11 Tage meine Hauptaufgabe war.
Die Strecke dorthin beinhaltet einige Km mit dem Rad, vorbei an wunderbaren großen Wiesen und Heidedünen - welche neben Weidetieren, von einer Vielzahl an Vögel besucht wird – in das Naturschutzgebiet und eben jenen Wasserweg auf die Fährinsel.
Täglich radelte ich in das Naturschutzgebiet, tauschte Fahrrad gegen eine Wathose und watete die ca. 120 Meter rüber auf die Fährinsel. Bei gutem Wetter ging mir das Wasser maximal zu den Knien, nach Regenfällen auch bis zur Hüfte. Für mich waren dass immer ganz besondere Minuten die viel Freude aber auch Aufmerksamkeit erforderten. Begleitet wurde ich von Rippen- und
Ohrenquallen, welche unter der Wasseroberfläche vorbeischwammen, Enten, Höckerschwänen, Möwen, Greifvögel und ab und an auch einem Eisvogel.
Das Wetter war sehr gut, die erste Woche recht sonnig und
die Temperaturen mild. Leider bedeutete dies allerdings auch eine übermäßige Population an Mücken, welche gefühlt hauptsächlich auf der Fährinsel beheimatet waren. Ich ging immer früh los, so dass ich meistens eine Stunde nach Sonnenaufgang dort war. Trotz Sonne musste ich mich gut einpacken, was Mütze und Schal mit Inbegriff, um ansatzweise vor den Stechtieren geschützt zu sein. Genützt hat es recht wenig, aber gehört in der wärmeren Jahreszeit wohl dazu.
Die Schafe vor Ort sind wenig zutraulich und gern in
kleineren Gruppen auf der Insel verteilt. Um sich vor der Sonne zu schützen, lagen sie gern unter den Wacholderbüschen was die Suche oft erschwerte. Aber meist entdeckte ich sie dann völlig unverhofft an einer Biegung.
Auf meinen Kontrollgängen, welche ich kurzhielt, da die
Fährinsel als Teil des Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft gehört und nur mit Genehmigung des Nationalparkamtes betreten werden darf, entdeckte ich
täglich neues.
So begegneten mir allein auf der Fährinsel eine Vielzahl an
Vögeln (Alpenstrandläufer, Wintergoldhähnchen, Bachstelzen, Stare, Goldammern, Meisen, Rotdrosseln, Amseln, Eisvögel, Kormorane, Gänse, Graureiher, Schwäne, verschiedenen Enten- und Möwenarten, Kornweihen, Bussarde, Falken, um nur einige zu nennen.) Dort sah ich auch meine ersten Seeadler, welche die Insel überflogen, was mich schwer beeindruckte. Auch Säugetiere wie Rehe und Wildschweine. Letztere beobachtete ich vom Hochstand aus, da sie sich gern im Schilf aufhielten, welches ich am Rande durchqueren musste. Ebenfalls wird dort des Öfteren ein Fischotter gesichtet, diesen bekam ich allerdings leider nicht zu Gesicht.
Während meines Aufenthaltes auf Hiddensee, hatte ich viel
Zeit und konnte mich der doch überschaubaren Inselwelt widmen. Neben der Natur faszinierte mich die Artenvielfalt und doch wenige Scheu vieler Tiere vor dem Menschen. So traf ich fast immer einige Rehe an. Frühmorgens begegneten
mir Wildschweine und unweit der Unterkunft, auf einer großen Weidefläche, fanden sich tagsüber Schwärme von Kormoranen, Kanadagänsen, Goldregenpfeifer, Staren und anderen Vögel ein. Des Weiteren gab es Kiebitze, Brachvögel, Falken und so viel mehr.
An meinen letzten beiden Tagen flogen zu meiner sehr großen
Freude viele Kraniche über die Insel, welche im Herbst in großen Scharen über das Gebiet ziehen und für einige Wochen rasten.
Innerhalb einiger Tage begegneten mir so viele Tiere wie sonst selten wo. Die Insel Hiddensee ist seit 1927 Kfz-frei, was ein ganz
anderes Gefühl mit sich bringt und ich hoffe sehr, dass es dort bleibt wie es ist, da es ein ganz besonderes Fleckchen Erde ist.